Zweiter Platz in der Kategorie „Nachwuchsautor“

Alex H., Schüler der 4a Klasse, erreichte beim 5. Mölltaler Geschichten Festival mit seiner Kurzgeschichte „Der Autor“ den tollen 2. Platz.

2021 stand das internationale Oberkärntner Festival ganz im Zeichen des Themas „Schräg“. Alex konnte mit seinem Text die Jury überzeugen und begeistern.

Wir sind sehr stolz auf ihn und gratulieren dem zukünftigen Schriftsteller herzlich.

Der Autor – Alex H.

Er war ein Junge, den die Zeit vergessen hatte, ein Junge, der in dieser Welt nur körperlich, aber nicht geistig anwesend war. Niemand erinnert sich an seinen Namen, jeder nannte ihn nur den „Autor“.

Der Autor ging wie jedes Kind in eine Schule. Niemand mochte ihn wirklich, nicht einmal seinen Eltern war er wichtig.  Still war er in der Schule, still war er auch zu Hause. Er sprach nur, wenn er gefragt wurde. Er hatte eine kalte, gefühllose Stimme.  Die Mutter tratschte ununterbrochen mit ihren Freundinnen auf dem Handy und der Vater arbeitete den ganzen Tag. Um sieben Uhr früh stand er auf und um zehn Uhr nachts kam er müde zurück. Der Junge aber saß den ganzen Tag in seinem Zimmer, kam nur in die Küche, um zu essen, ging ins Badezimmer, um zu duschen. Sein Zimmer bestand aus einem Bett, einem Kasten und einem alten Arbeitstisch mit einem Stuhl und einem noch älteren Computer. Er besaß kein Handy. Seine Eltern konnten ihm keines kaufen, denn sie wollten Geld sparen. Geld, das lieber für Alkohol verwendet wurde.

Auch wenn er in der Schule  still war, hatte er doch nur gute Noten. Anfangs mobbten ihn die anderen Kinder, er aber reagierte nicht und später mieden ihn alle. Er sprach nicht, weil es nichts zu bereden gab. Sein gefühlloses Gesicht fiel niemandem auf, nicht einmal seinen Eltern.

Es war zwei Uhr nachts, er saß in seinem Zimmer auf dem alten Stuhl und schaute auf den Computerbildschirm. Doch er konnte nicht viel mit diesem Gerät anfangen, nicht einmal Internet hatte er, auch keine Spiele. Er hatte nur ein Programm, das funktionierte –  „Word“. Ein Programm, mit dem man schreiben und Bilder einfügen konnte. Er schob seinen Stuhl näher und berührte die Tastatur. Sie war kalt –  wie viele andere Sachen in diesem Haus. Er nahm die Maus, bewegte sie hin und her. Nichts funktionierte, nichts anderes als das Programm „Word“.  Er drückte „a“ – ein Buchstabe erschien auf dem Bildschirm, „b“ –  noch ein Buchstabe. Er schrieb das Wort „Alphabet“, er vergrößerte es, er veränderte die Schrift. Er hatte noch keine Überschrift, also schrieb er „Alphabet“. Er spielte herum. Zum ersten Mal in seinem Leben machte ihm etwas wirklich Spaß: große Buchstaben, kleine Buchstaben. Danach schrieb er sein erstes wirkliches Wort. Das erste Wort in seiner ersten Geschichte: „Stadt“. Was konnte er noch schreiben? „Kleine Stadt“, „Dorf“, „Kommunikation“. Eine Stunde ging vorbei und er hatte viele Wörter geschrieben. Wörter, die in seinem Kopf entstanden, Wörter, die Sinn machten, wenn sie zusammen standen. Nach so vielen Jahren spürte er etwas, das er noch nie verspürt hatte. Er dachte sich Charaktere aus, den kleinen Vincent, den Sohn von Jodi, ein kleines Dorf, in dem nur wenige Menschen lebten. Und er schrieb, schrieb und schrieb. Am ersten Tag hatte er schon 10 000 Wörter hineingeklopft, aber das war noch nicht das Ende. In der Schule dachte er nur noch an das Schreiben, das Schreiben von Wörtern. So ging es Monate. Niemandem zeigte er seine Geschichten. Die Idee, dass er seine eigene Welt erbaut, in der er dann leben konnte, war für ihn beruhigend. Wenn er Probleme hatte, konnte er einfach in seine Welt flüchten, in der ihm niemand etwas tun konnte, in der alles so war, wie er es wollte. Seine Welt! 

Die Sommerferien kamen und er schrieb und schrieb. Seine Geschichte sollte schon lange zum Ende kommen, tat sie aber nicht. Er wollte weiter in seiner Welt leben. Er wollte sie nicht verlassen.

So vergingen zuerst Monate, langsam wurden es Jahre. Seine Charaktere wuchsen mit ihm, manche starben und er weinte. Immer neue Probleme mussten erzählt, Abenteuer bestanden werden. Dabei wurde er im echten Leben erwachsen, aber nur körperlich, geistig blieb er in seinen Geschichten.

 Jahre zogen wie der Wind vorbei und er wusste nicht mehr, was um ihn herum geschehen war. Die Tastatur war sein Leben.

Eines Tages, Jahrzehnte später, stürzte plötzlich sein Computer ab. Er schaute sich um und sah die Wirklichkeit rundum. Er befand sich in seinem Zimmer. Er selbst aber war immer noch das Kind, das eines Tages zu schreiben begonnen hatte. Sein Zimmer war mit Schimmel bedeckt und von Pflanzen durchwachsen. Als  er aus seinem Fenster schaute, bemerkte er, dass  die Stadt menschenleer war. Alle waren weggezogen. Er war der Einzige! Er betrachtete sich im Spiegel und setzte sich dann  wieder vor den Computer. Das Word-Dokument aber war leer. Sein ganzes Leben war verschwunden. Seine Geschichten, seine Charaktere, seine Abenteuer – alles war weg! Nie hatte ihm jemand gesagt, dass er sein Word-Dokument speichern musste.

Jetzt gab es diese Welt nicht mehr. Im echten Leben hatte er nie gelebt. Er schaute aus dem Fenster und – sprang

Kurz-Biografie:

Ich wurde am 22.2. 2008 in Nitra, Slowakei, geboren. Mit neun Jahren übersiedelte ich mit meiner Familie nach Österreich. Die 4. Klasse Volksschule absolvierte ich in der Hinterbrühl und wechselte danach in die IMS-Hinterbrühl, wo ich derzeit die 3. Klasse besuche.

Mit zehn Jahren begann ich für meine kleinere Schwester Märchen zu schreiben, die ihr sehr gefallen haben. Seit dieser Zeit sind etliche Kurzgeschichten entstanden. Momentan versuche ich einen umfangreicheren Text über das Leben in einem kleinen abgeschiedenen Dorf irgendwo in der weiten Welt zu schreiben. Sehr viele meiner Texte verfasse ich in englischer Sprache.